Ich freue mich, mit diesem ersten Post meine neue Webseite online schicken zu können. Seit langem Beratungen in verschiedenen Formen anbietend, habe ich nun genug Raum um Coaching und Supervisionen auch unter dem Dach von impuls-raum.ch anbieten zu können.
Bei diesen Beratungsformaten geht es kurz gesagt um die (meist berufliche) Auseinandersetzung mit Entscheidungen, mit Handlungsoptionen und möglichen, daraus resultierenden Folgen. Timo Heimerdinger hat in seiner kleinen Kulturgeschichte der Beratung verschiedenen Beratungsformen nachgespürt und die Rolle unterschiedlicher Berater:innen vom Orakel von Delphi bis hin zur Hebamme skizziert. Damit zeigt er auf witzige Weise auf, wie sich das Selbstverständnis der beratenden Person, sowie die Erwartungen der Ratsuchenden gewandelt haben. Es wird aber auch sichtbar, was sich in all den Jahren kaum verändert hat. Denn: Wer kennt nicht die Gedankenstürme, die sich aus herausfordernden Situationen auftürmen und nach Gespräch, Reflexion und Austausch zur Besänftigung rufen? Wer ist noch nie in verzwickte Entscheidungssituationen gekommen und hat das für und wider hin und her gewälzt? Dann ist guter Rat teuer 😉
Der älteste mir bekannte Ratgeber ist das Orakelbuch I Ging, das «Buch der Wandlungen», welches gleichzeitig das älteste Buch Chinas ist. In jungen Jahren waren die Orakelweisheiten des I Gings stets Teil meines Entscheidungsprozesses. Gemeinsam mit Freund:innen haben wir Stunden verbracht um die Orakel zu entschlüsseln und zu verstehen. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen. Denn, wie ihr wohl richtig vermutet, bietet auch das I Ging keine Lebensrezepte an. Orakel beschränkten sich im Altertum ursprünglich auf die Antworten Ja oder Nein. Doch zeigte sich bald das Bedürfnis nach Differenzierung, was sich dann im Buch der Wandlungen zu verschiedenen Kombinationen mit schlussendlich acht Bildern und – durch weitere Kombinationen – zu 64 Zeichen entwickelte. Jedes dieser Zeichen hat eine besondere Bedeutung und die Sprache des I Gings ist eine sehr Bildhafte. So heisst es z.B. beim 23. Zeichen «BO, Die Zersplitterung»: (Bild) Der Berg ruht auf der Erde: das Bild der Zersplitterung. So können die Oberen nur durch reiches Spenden an die Unteren ihre Stellung sichern. Glücklicherweise liefert das übersetzte Buch Interpretationen und hilft das Bild im Kontext zu verstehen und in Beziehung zur Frage zu sehen. Das Interessante an solchen Bildern ist die Auseinandersetzung mit dem Unbekannten, das Erforschen und Entdecken von Handlungsmöglichkeiten.
Damit gibt das I Ging mit seinen Orakelsprüchen vor allem Impulse. Impulse zu schauen, was im Innern der Ratsuchenden geschieht, Impulse sich mit Fragen auseinanderzusetzen, die vielleicht vorher gar nicht wichtig oder präsent waren, Impulse für Entscheidungen.
So gesehen scheint mir das Buch der Wandlungen sehr modern zu sein. Wir können Entscheidungen zwar auch ganz nüchtern treffen, können Listen erstellen mit positiven und negativen Aspekten, diese bewerten, mit unseren Erwartungen abstimmen und uns schliesslich dafür oder dagegen entscheiden. Doch Hand auf’s Herz, nicht immer können wir nüchtern und verstandesgelenkt entscheiden. Manchmal brauchen wir Impulse, um über unsere Ränder des Alltags hinauszuschauen und Lösungen (und Mut?) für nächsten Schritte zu finden.
Insbesondere in sozialen Berufen finden wir uns oft in verzwickten Situationen. Der berufliche Alltag ist von Dilemmata geprägt. Wir können uns plötzlich in Situationen befinden, wo wir uns gefangen fühlen und trotzdem, oft sehr rasch, entscheiden müssen. In solchen Momenten wirkt das Spannungsfeld zwischen Arbeits-/Auftragsgeber und Klientel auf sehr intensive Weise. Meistens können wir solche Problemstellungen und Herausforderungen erst nachträglich bearbeiten und versuchen durch Reflexion einzuordnen. Um in belastenden Situationen die psychische Gesundheit zu erhalten, scheint mir ein tragendes (berufliches) Umfeld, welches Zeit und Raum gibt für die Auseinandersetzung und die Reflexion unseres beruflichen Tuns, wesentlich sein.
Unterdessen steht das I Ging etwas verlassen in meinem Bücherregal und ich habe beruflich sozusagen die Seite gewechselt, bin selbst in die Rolle der Beraterin geschlüpft und versuche meinerseits Impulse zu setzen. Von der psychosozialen Beratung in der Sozialen Arbeit, über Coachingerfahrungen in Leitungspositionen bis hin zur Lehre, die vielfältige Beratungsformate erlaubt, nun hin zu Beratungen im freien Mandat.
Ich schaue auf die Spuren im Sand und freue mich, dass ein Angebot entstanden ist, welches neue Spuren hinterlassen soll. Ein Angebot, dass Impulse setzen will in Entscheidungssituationen und in Zeiten des Wandels, welches Raum schaffen kann für die Reflexion von Vergangenem, Gegenwärtigem und Zukünftigen, welches Impulse für eine Auseinandersetzungen mit den eigenen Möglichkeiten bietet.
So freue ich mich auf Beratungen, die Prozesse anstossen und möglich machen. In diesem Sinne freue ich mich auf Eure Kontaktaufnahme.
Quellen:
I Ging. Text und Materialien, Diedrichs’ Gelbe Reihe, Düsseldorf, Köln, 5.Aufl. 1980
Timo Heimerdinger: Helfer, Narren, Strippenzieher. Formen und Figuren der Beratung – eine lange Geschichte kurz erzählt, in: Bentele, Marin, Fellermann, Jörg (Hg.): Perspektivenzuwachs. Drei Texte zu Supervision und Beratung. Aus Kulturwissenschaft, Schriftstellerei und Regionalentwicklung, Kassel, 2013